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Ergebnisse

Um das Grünland großräumig zu erfassen und qualitativ zu bewerten, wurde eine Methode entwickelt und modellhaft umgesetzt, die zudem eine Abschätzung der Entwicklungspotentiale von Grünlandbeständen ermöglicht. Dazu wurde eine repräsentative Flächenstichprobe erarbeitet, die mit 2.667 ha Grünland ca. 10 % der Fläche des Grünlandes im Naturpark abdeckt. Diese Stichprobe umfasste alle Grünlandflächen (n=799) von sechs repräsentativ ausgewählten „Referenzbetrieben“, die unterschiedliche Betriebstypen repräsentieren (Mutterkuh‐, Milchvieh‐, Schaf‐, Pferdehaltung und tierlos), sowie 200 weitere Flächen außerhalb der Referenzbetriebe. Die Vegetation wurde auf den Flächen der Stichprobe nach einer standardisierten Methode erfasst sowie die Standort‐ und Bewirtschaftungsdaten erhoben. Die Vegetation wurde anschließend nach pflanzensoziologischen Kriterien in Grünlandtypen untergliedert. Insgesamt wurden 52 Grünlandtypen für die untersuchten Grünlandflächen abgeleitet. Davon waren 22 pflanzensoziologisch zuordenbar. Für die identifizierten Grünlandtypen wurde ein praxistauglicher Schnellanspracheschlüssel basierend auf einer Matrix kennzeichnender Arten entwickelt, der auf andere vergleichbare Regionen in Vor‐ und Mittelgebirgslagen übertragbar ist. Für jeden der ermittelten Grünlandtypen wurden mehrere, optionale Bewirtschaftungsempfehlungen (hinsichtlich Nutzung, Düngung und Pflege) erarbeitet, bei deren Anwendung der jeweilige Grünlandtyp in seiner Ausprägung entweder langfristig weitgehend erhalten werden kann oder Entwicklungspotentiale von Grünlandbeständen gestärkt bzw. Beeinträchtigungen zurückgedrängt werden können. Der Schnellanspracheschlüssel sowie die dazugehörigen Bewirtschaftungsempfehlungen für die Grünlandtypen sind als Hefte in der Schriftenreihe des Deutschen Grünlandverbandes e.V. erhältlich (siehe auch Veröffentlichungen).

Auf mehr als der Hälfte des Grünlandes war eine Unternutzung bis hin zur Nutzungsaufgabe zu verzeichnen. Die Typisierung der Grünlandvegetation spiegelte die langjährige, ungewöhnlich starke Extensivierung in Form von Spätschnitt, Düngungsverzicht, unzureichender Pflege sowie den Tierbestandsrückgang wider.

Auf den Referenzbetrieben ergab der Vergleich der derzeitigen Bewirtschaftung (Ist‐Zustand) mit der für jede Grünlandfläche erarbeiteten zielgerichteten Bewirtschaftungsempfehlung (Empfehlung) trotz Berücksichtigung der standörtlichen Verhältnisse und der Ausrichtung am Betriebstyp einen Handlungsbedarf zur Änderung der Bewirtschaftung auf 46 % der Flächen, während für 54% der Ist‐Zustand weitgehend der Empfehlung entsprach. Der Handlungsbedarf betraf vorrangig die Unterschreitung der grünlandtypenspezifischen Mindestbewirtschaftungsintensität (undifferenzierter Düngungsverzicht, ausbleibende Nachmahd hoher Weidereste, zu späte Nutzung des Frühjahrsaufwuchses und hohe Verbuschungsgrade). Für 33 % der Grünlandflächen der Referenzbetriebe konnten die Bewirtschaftungsempfehlungen in das gesamtbetriebliche Bewirtschaftungskonzept integriert werden.

Die optionalen Bewirtschaftungsempfehlungen für die Grünlandtypen wurden hinsichtlich ihrer potenziellen Ertragswirkung beurteilt. Da detaillierte Berechnungsvoraussetzungen (nach Gebrauchswert differenzierte Naturalerträge) nicht einzelflächenbezogen vorlagen, erfolgte der Vergleich auf der Betriebsebene. Von den Optimierungsempfehlungen wurde eine mittlere ertragssteigernde Wirkung von 3,1 dt TM/ha erwartet, allerdings erhöhte sich auch der spezifische Bewirtschaftungsaufwand in den Referenzbetrieben im Mittel um 108 € je ha. Es zeigte sich, dass die zu erwartenden Leistungssteigerungen in keinem der untersuchten Referenzbetriebe die kalkulierten Mehraufwendungen deckten. Der Kostenüberhang lag zwischen 25 und 214 €/ha Grünland. Obwohl davon auszugehen ist, dass die abgestimmten, optimierten, gesamtbetrieblichen Bewirtschaftungskonzepte in den Referenzbetrieben auch Potenziale zur Veränderung der Futterqualitäten haben, konnten mögliche Qualitätsänderungen des Futters nicht berücksichtigt werden, da auf den Referenzbetrieben keine Angaben zur aktuellen Qualität des erzeugten Futters vorlagen.

Aus den Abstimmungsgesprächen zur Umsetzbarkeit zielführender Bewirtschaftungsempfehlungen ergaben sich zudem Hinweise für die inhaltlichen Erwartungen an auf das Grünland ausgerichtete, künftige Fördermaßnahmen im Rahmen der GAP nach 2020. Um den festgestellten Pflegedefiziten, dem nicht zielführenden Nährstoffmanagement und der massiven Unternutzung zu begegnen, ist ein Paradigmenwechsel in der Förderpolitik erforderlich. Die Vorschläge zur Ausgestaltung der Grünlandförderung im Rahmen der neuen GAP-Architektur bezogen auf die 1. und 2. Säule haben eine bundesweite Vorbildfunktion. Insbesondere wurde ein konkreter Änderungs-/ Anpassungsbedarf bei den künftigen Maßnahmen in der 2. Säule formuliert, der innovative, weiterentwickelte Ziele für die Maßnahmen beinhaltet und eine hohe aktuelle Relevanz hat. Die Vorschläge zur Neuausrichtung der EU-Förderung zur Ländlichen Entwicklung als integraler Bestandteil der GAP sind auf eine zielgerichtete, effiziente und nachhaltige Förderung der Grünlandbewirtschaftung ausgerichtet und tragen wesentlich dazu bei, das noch vorhandene Grünland in seiner Vielfalt nachhaltig und langfristig zu bewahren.

Um den Wissenstransfer in die Praxis zu unterstützen, wurde durch den LPV Thüringer Wald in Zusammenarbeit mit der Landwirtschaftsschule in Tamsweg (Lungau, Österreich) ein Weiterbildungs- bzw. Qualifizierungsprogramm von Junglandwirten zum Thema „Bio-Grünland und Bergwirtschaft“ (fachlich und betriebswirtschaftlich) ausgearbeitet. Dieser überregionale Bezug wird, aufbauend auf die seit Jahren bestehende vertragliche Partnerschaft der beiden Naturparke Thüringer Wald und Riedingtal‐Lungau, gewährleistet. Zukünftig wird angestrebt, ein jährliches Schulungsprogramm mit 8 bis 10 Junglandwirten aus dem Naturpark Thüringer Wald durchzuführen.

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